Mit dem Shinkansen rollen wir nach Kanazawa ein. Die Halbemillionenstadt liegt nicht weit vom japanischen Meer entfernt und ganz im Westen Japans, etwa auf der Höhe Tokios.
Unser Gastgeber Shishu holt uns vom Bahnhof ab und fährt uns mit seinem Toyota-Bus in die Unterkunft. Ein Ryokan: eine traditionelle japanische Pension, die ganz ähnlich wirkt, wie die Häuser in Takayama. Auch hier ist ein großer Teil des Bodens mit Tatami bedeckt. Zwei Matratzen mit Federbetten liegen in unserem Schlafzimmer. Ringsum gibt es Schiebetüren aus Papierwänden. Es ist zwar etwas in die Jahre gekommen und ein wenig außerhalb gelegen, hat aber dennoch einen ganz eigenen Charme.
Fahrradtour durch Kanazawa
Wir mieten uns Fahrräder und fahren am Fluss entlang in den alten Samuraibezirk der Stadt. Als wir die Fahrräder bei einer Touristeninformation abstellen und ich fragen möchte, ob das in Ordnung sei, gibt es Verwirrung. Die netten und sehr hilfsbereiten Damen verstehen und sprechen leider so gut wie kein Englisch und so dauert es einige Minuten, bis wir uns verständigt haben.
Die engen Gassen der Samuraihäuser sind malerisch. Dicke, schwarz-glänzende Ziegel haben sie. Die Wände sind aus einer Lehm-Strohschicht, akkurat, so dass man fast meinen könnte, es sei Putz an den Wänden. Aus vielen der Gärten vor den Häusern ragen Pinien. Ein Symbol der Macht für die Samurai. Heute leben in den Häusern der einstigen Krieger keine Samurai mehr. Eine besondere Gegend ist es jedoch immer noch, denn wer heute ein Haus hier kaufen möchte, muss ein bis eineinhalb Millionen Dollar berappen.
Auch als wir eines dieser Häuser besuchen, wundern wir uns einmal mehr, wie klein es von außen erscheint und wie groß es tatsächlich ist. Auch hier gibt es die traditionellen Schiebetüren aus Papier, mithilfe derer sich die Räume abtrennen lassen. Im ersten Stock befindet sich ein Raum für die traditionelle Teezeremonie. Geht man durch die ersten Zimmer hindurch gelangt man zu einem wunderschönen japanischen Garten mit hohen Bäumen und einem Teich, in dem große Fische schwimmen.
Japanische Gartenkunst im Kenrokuen-Park
Wir radeln weiter durch die Stadt zum Kenrokuen-Park, der einer der drei schönsten Japans sein soll. Er ist im Stil der Edo-Periode gehalten und verkörpert sechs erstrebenswerte Eigenschaften eines Gartens in den Gegensatzpaaren „Gestaltung und Unberührtheit“, „Weite und Geborgenheit“ sowie „Ausblick und Bachläufe“.
Nur ein paar Minuten vom Park entfernt befindet sich das historische Geisha-Viertel Higashi Chaya. Wir spazieren an den Holzhäusern vorbei und werfen einen Blick in die kleinen, teils verwinkelten Gassen im Licht der untergehenden Sonne. Drei Geishas gehen in ihren bunten, mit Blumen bemalten Kimonos an uns vorbei. Sie tragen die typischen Holzschuhe mit weißen Socken darin.
Lost in translation
Da Michi Halsschmerzen und Husten bekommen hat, suchen wir eine Apotheke. Leider kann die Apothekerin kein Englisch, aber Michi deutet auf seinen Hals und hustet, so dass sie versteht, was gemeint ist. Um ihm die Unterschiede der Medikamente zu erklären, nimmt sie ihr Smartphone und tippt Kanshi-Zeichen in ein Übersetzungsprogramm, so dass Michi auf Englisch lesen kann, was gemeint ist. Als er eine Rückfrage hat, spricht er in das Mikrofon und dank Spracherkennung erhält er seine Antwort.
Die Nacht in unserem Ryokan ist ruhig. Wir sind die einzigen Gäste. Die harten Matratzen auf den Tatami finde ich sehr bequem. Die Atmosphäre in dem Raum mit den Papierschiebetüren ist sehr angenehm. Am nächsten Morgen müssen wir auch Kanazawa leider viel zu früh auf Wiedersehen sagen. Die Stadt hat sehr viel Charme und eine Menge Interessantes zu bieten.