Das Meer der Anden

Schwimmende Inseln im Titikakasee im Vordergrund ein Boot

Der Titikakasee

Der Titikakasee befindet sich auf ungefähr 3.600 Metern Höhe, zum einen Teil in Peru und zum anderen in Bolivien. Er ist insgesamt über 8.000 Quadratkilometer groß und man sagt, es sei der höhste, schiffbare See der Erde.

Von Puno, einer nichtssagenden Stadt im Grenzgebiet zu Bolivien, machen Olesya und ich eine Tour zu den „Schwimmenden Inseln“ des Titikakasees. Hier leben oder lebten (es wird nicht ganz klar, ob die Einheimischen nur zu Touristenzwecken tagsüber auf die Inseln kommen oder tatsächlich hier leben) die Nachfahren der Aymara.

Die Aymara sind ein indigenes Volk, das bereits vor den Inka existierte und das seine eigene Sprache spricht, die sich vom Quechua der Bevölkerung um Cuzco unterscheidet.

Man vermutet, dass die Aymara auf den Titikakasee geflüchtet sind, als die Inka sie unterwerfen wollten. Dort bauten sie sich aus dem im See wachsenden Schilf kleine Inselchen, auf denen sie wiederum aus Schilf Häuser und auch Boote bauten.

Als wir auf einer der rund 80 kleinen Inseln ankommen, werden wir von den Bewohnerinnen und ihren Kleinkindern begrüßt. „Die größeren Kinder sind in der Schule und die Männer gehen arbeiten,“ sagt unser Guide, der den klangvollen Namen Tito Castro hat.

Er zeigt uns, wie die Schilfinseln gebaut werden und dass sie mit einem Anker befestigt werden müssen. „Die Bewohner möchten ja nicht am nächsten Tag in Bolivien aufwachen“, meint er scherzhaft.

Die Kleidung der Frauen ist knallbunt: pink, grün, gelb, rot – alles was leuchtet. Warum genau diese Farben so beliebt bei den Aymara-Frauen ist, frage ich eine der Bewohnerinnen mit langen, schwarzen, geflochtenen Zöpfen: „Die Farben gefallen uns einfach,“ gibt sie mir zur Antwort.

Später fahren wir mit einem der Schilfboote auf eine weitere Insel. Die beiden Ruderinnen sind zwar nicht ganz im Gleichschritt, aber wir schaffen es dennoch hinüber. Das Wetter ist wunderbar. Die Sonne scheint, der Himmel ist blau und man meint, man könnte die Wolken anfassen, so tief wie sie hängen. Oder wegpusten. Da wir hier offensichtlich nahe an der Sonne sind, cremen wir uns mit Sonnencreme ein, doch ich bekomme dennoch einen kleinen Sonnenbrand auf der Nase.

Abseits der Touristenpfade

Wir beschließen, in ein Örtchen namens Capachica zu fahren und von dort aus einen Ausflug auf eine andere, allerdings nicht schwimmende, Insel zu unternehmen. Wir setzen uns in einen der vielen Minibusse für 10 Personen und fahren zu 17. los. Das Dach ist voll beladen mit Waren aller Art. Die Einheimischen scheinen Eis zu mögen, denn ein jeder der Insassen scheint eines in der Hand zu haben.

Die Frau neben mir hat gleich zwei Kinder dabei. Der Junge scheint um die drei Jahre alt zu sein und muss die gut einstündige Fahrt lang stehen, da seine Mutter in ihrem Wickeltuch noch ein zweites Kind hat. Beide sind mit Wollmützen und Strumpfhosen ausgestattet, denn sobald die Sonne nicht mehr scheint, wird es hier kalt.

Wir fahren vorbei an Wiesen und Feldern und sehen die Adobehäuser der Einwohner verstreut in der Landschaft stehen. Als wir im Ort unseres Wunsches ankommen, nehmen wir uns ein Mototaxi zum Bootsableger. Unterwegs auf der Hoppelpiste bleibt das Mototaxi stehen. Vermutlich hat es kein Benzin mehr. Wir laufen den Rest hinunter zum Wasser, doch die Angabe, wann das nächste Boot zur Insel fährt, ist wage. „Ein Boot fährt ab und zu. Wenn jemand sieht, dass jemand rüber will, kommt bestimmt eins,“ ist die Angabe des Mototaxifahrers. Dafür ist die Angabe der Abfahrtszeit des letzten Busses nach Puno schon genauer: „Um vier oder um fünf Uhr fährt der letzte Minivan in die Stadt.“

Da wir bereits zwei Uhr nachmittags haben, beschließen Olesya und ich, nicht auf die Insel zu fahren und etwas am Ufer des Sees spazieren zu gehen. Es ist wunderschön hier. Still und friedlich. Wie in einer anderen Welt. Eine Frau wäscht Wäsche im See und winkt uns fröhlich zu, als wir vorbeilaufen.

Auf dem 30-minütigen Rückweg, den wir zu Fuß zurücklegen, begleitet sie uns. Leider spricht sie nur ein paar Worte Spanisch und ihr Quechua-Gebrabbel verstehe ich nicht. Aber es wird klar, dass sie einen langen Rückweg hat und nun die schweren, nassen Kleider vom See bis zu ihrem Haus schleppen muss. Sie hat dennoch gute Laune und zeigt uns verschiedene Pflanzen, die am Wegesrand wachsen.

Auf dem Rückweg hören wir volkstümliche Musik auf voller Lautstärke und blicken fasziniert auf die Landschaft und die Menschen, die hier leben, zu denen diese Musik so wundervoll passt.

Boliviens Teil des Titikakasees

Früh am nächsten Morgen setzen wir uns in einen Bus in Richtung Copacabana. Dies klingt besser als es ist, denn der Ort ist einfach nur ein schreckliches Touristennest mit ultravielen Hippiebackpackern am Titikakasee. Der Grenzübertritt nach Bolivien verläuft problemlos (wir gehen zu Fuß über die Grenze), setzen uns wieder in den Bus und kurz später erreichen wir ebendieses Copacabana.

Wir finden ein nettes Hotel und machen uns auf den Weg zur Isla del Sol (Insel der Sonne). Nach der Inka-Mythologie entstammt dieser Insel die Kultur der Inka, da der Sonnengott hier seine Kinder auf die Erde gesetzt hat. Es gibt auch einen Sonnentempel, den man besichtigen kann.

Zuerst aber machen wir einen sehr anstrengenden Spaziergang. Denn die Insel der Sonne ist steil. Wir gehen gefühlte 5.000 klapperige Steinstufen hinauf und dann immer weiter auf einem steilen Weg. Wir beneiden diejenigen nicht, die hier eine Nacht verbringen möchten und sich mit ihren Rucksäcken den Berg hinaufquälen. Allesamt schnaufen wir nicht schlecht. Sogar die Einheimischen und die Kinder sind außer Atem.

Von weiter oben bietet sich uns aber ein unendlich schöner Blick auf den Titikakasee und die nebenliegende Isla de la luna (Insel des Mondes). Auf dem engen Weg quetschen sich Frauen und Männer mit Eseln an uns vorbei. Auf den vielen Terrassen scheinen ausschließlich Coca-Pflanzen zu wachsen. Eine Erinnerung daran, dass Bolivien einer der Hauptproduzenten von Kokain in Südamerika ist. Und vielleicht eine Erklärung der vielen „free spirit Hippies“.

Eine ganz lustige Sache geschieht in Copacabana. Da die Menschen auch hier in Bolivien extrem gläubig sind, segnen sie ihre Autos. Dies ist auch zum empfehlen, denn die Straßen in Bolivien sind mehr als gefährlich. So sitzen auf den Autos Blumenkränze und klein Jesus und Maria. O-Ton eines Bolivianers: “Für das Busfahren in Bolivien hilft einfach nur ganz viel zu beten!” Na dann. Und wir fahren mit dem Bus in Richtung La Paz. Unten am Berg angekommen, werden wir in ein Boot gesetzt und sehen den kompletten Bus in einem anderen Boot an uns vorbeifahren.

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