Japan_Kyoto_Kinkakuji-Tempel

In der Kaiserstadt und früheren Hauptstadt Kyoto mit rund 1,5 Millionen Einwohnern ist das alte Japan vielerots noch zu spüren. Unzählige Tempelanlagen und Schreine gibt es hier, viele davon können besichtigt werden. Auch die Geisha-Szene soll in Kyoto noch lebendig sein. Im Viertel Gion kann man Geishas durch die engen Gassen laufen oder in Teehäusern oder Restaurants sitzen sehen. Am Fluss werden bei warmem Wetter Sommerterassen an die Restaurants gebaut, was bei Nacht einen besonderen Charme hat.

Japan_Kyoto_Sommerterassen am FlussAufgrund der zentralen Lage zu anderen interessanten Orten haben wir eine Unterkunft für vier Nächte gebucht. Sie liegt im Norden der Stadt, etwas außerhalb der touristischen Zentren in einem ruhigen Wohngebiet nahe der Universität. Wir wohnen in einem Zimmer in einem kleinen Reihenhaus. Insgesamt drei Zimmer werden hier vermietet. Der Eigentümer lebt allerdings in einem anderen Haus.

Einen Großteil der Stadt erkunden wir zu Fuß und merken dabei, wie groß, aber auch wie schön Kyoto ist. Alle Ecken durch die wir uns treiben lassen sind gepflegt und sauber. Auch hier liegt nirgendwo Müll im Fluss oder in abgelegenen Gässchen. Und auch hier finden wir kaum öffentliche Mülleimer. So gewöhnen wir uns an, immer vorsorglich eine Mülltüte einzustecken.

Tempel mit Zen-Garten

Der Ginkakuji-Tempel befindet sich in der Nähe unserer Unterkunft an einem Hügel. Er besitzt einen sorgfältig angelegten Zen-Garten mit hellem Sand und einem Weg der durch einen kleinen Wald führt. An in sich gekehrte Ruhe ist hier allerdings nicht zu denken. Mit im Park sind ca. 10 Schulklassen. Im Schritttempo werden sie von ihren Lehrern durch den Garten gejagt. Überall wird nur kurz verweilt. Manchmal um ein kurzes Foto von der ganzen Gruppe zu schießen oder eine Minimalerklärung abzugeben. Dann geht es im Stechschritt weiter. Wir stellen fest, dass dies eigentlich bei jeder Besichtigung der Fall ist, die wir noch machen werden. Hunderte von Schulkindern in ihren Uniformen werden durch die verschiedensten Sehenswürdigkeiten geschleust. Der Weg ist dank genau aufgezeichneter Pfeile mit dem Hinweis „Route“ nie zu verfehlen. Stets fühlt man sich durch die drängenden Massen gehetzt, kaum kann man etwas länger verweilen und sich etwas genauer mit einer Sache befassen. Zumeist gibt es auch nur kurze Beschreibungen auf Englisch.

Japan_Kyoto_Ginkakuji-Tempel

Heiraten vor dem alten Kaiserpalast

Ebenfalls nicht weit von unserer Unterkunft entfernt liegt der alte Kaiserpalast. 1100 Jahre residierten hier Japans Kaiser. Ihn umgibt ein großer Park, der öffentlich zugänglich ist. Der Kaiserpalast selbst kann nur nach Voranmeldung besichtig werden, doch schon von außen kann man seine schiere Größe erahnen. Er scheint beliebtes Motiv für Hochzeitspaare zu sein: Vor ihm posiert ein japanisches Paar im traditionellen Outfit, in dem oft geheiratet wird.

Japan_Kyoto_Hochzeitspaar vor dem alten Kaiserpalast

Ein Tempel aus Gold

Im Norden Kyotos liegt der Kinkakuji-Tempel – der goldene Tempel. Seine vergoldeten Fassaden spiegeln sich im Teich des großen Gartens, der ihn umgibt. Der Tempel selbst stammt ursprünglich aus dem 14. Jahrhundert und ist mit Blattgold überzogen. Er besteht aus drei Stockwerken; jedes ist einer anderen Epoche gewidmet.

Japan_Kyoto_Kinkakuji-Tempel_1

Wie einst der Shogun lebte

Das Schloss Nijojo ist eine Weltkulturerbestätte und wurde 1603 als Palast eines Shoguns gebaut. Diese Oberbefehlshaber der Armee hatten teils große Macht und entsprechend prächtige Bauten zum Ausdruck dieser. Fast jeder der Räume, den man zu sehen bekommt enthält Wandmalereien. Auf goldenem Grund sind Bäume zu sehen, teilweise auch Tiger.

Die Räume sind mit Schiebetüren voneinander getrennt und wirken trotz oder vielleicht gerade wegen ihrer Schlichtheit sehr elegant. Die Fußböden knirschen beim Darübergehen. Zuerst Japan_Kyoto_Nijojo-Schlossdachte ich, die liege an dem alten hölzernen Boden (so wie in unserer Wohnung), aber dann habe ich gelesen, dass dies Absicht ist und das Gezirpe von Vögeln imitieren soll – und außerdem soll es Besucher ankündigen. Wie in Japan üblich, muss man beim Besuch des Schlosses seine Schuhe außen lassen und gleitet so barfuß oder sockig über das Nachtigallenparkett.

Genauso wie das Schloss ist auch der Park rund um das Schloss ist beeindruckend, riesig und sehr gepflegt. Wir sehen eine Frau, die mit einem Hut auf dem Boden im Gras kauert. Als wir an ihr vorbei laufen sehen wir, dass sie ein Messer in der Hand hat und mithilfe des Messers und ihrer anderen Hand das Unkraut zwischen den Grashalmen entfernt.

Zeitgemäße Kultur im Mangamuseum

Auch ein anderes kulturelles Erbe Japans sehen wir uns an: das Mangamuseum. Schon von außen sieht man zig Manga-Liebhaber auf einem künstlichen Garten vor dem Museum liegen und Mangas wälzen. Diese japanischen Comic-Bücher sind sowohl bei Kindern als auch bei Erwachsenen beliebt. Das Museum beherbergt eine Bibliothek, die über drei Stockwerke geht. Auch die Entstehung der Manga-Szene wird erläutert. Man kann verfolgen, wie eine solche Zeichnungsfolge entsteht und mithilfe von Schablonen seine eigenen Manga-Figuren erschaffen.

Mit Matcha-Eis durch den Bambuswald spazieren

Westlich von Kyoto liegt der ebenfalls zum Weltkulturerbe zählende Tenruji-Tempel. Dahinter befindet sich ein großer Bambuswald durch den man spazieren kann. Bevor wir dies tun, wollen wir Eis essen und probieren das hier so beliebte Matcha-Eis. Das bitterliche Grünteeeis lieben die Japaner besonders, so scheint es. Ich mag es weniger.

Fährt man eine Station weiter mit der Bahn gelangt man durch mehrere Tunnel zu einer Schlucht. Das Grün der Bäume und der rauschende Fluss tief unten lassen einen vergessen, dass man sich vor den Toren einer Millionenstadt befindet.

Spezialität aus der Region Kyoto: Takoyaki

Abends suchen wir eine Kneipe in der Nähe unserer AirBnB-Unterkunft und gehen in ein Mini-Restaurant, das Takoyaki verkauft. Eine regionale Spezialität – Crepes in Bällchenform gefüllt mit Octopus und Gemüse. Wir kennen den Besitzer, denn vor ein paar Tagen haben wir ihn bereits nach einem vegetarischen Restaurant in der Nähe gefragt. Heute wollen wir nur ein Bier trinken. Es ist nicht viel los. An dem Holztresen ist Platz für nicht mehr als zehn Personen. Wir bestellen ein japanisches Bier und unterhalten uns mit dem Besitzer und den anderen Gästen kurz.

Japan_Kyoto_Takayaki werden so gemacht

Michi bestellt eine Portion Takoyaki und ist begeistert. Ein absoluter Insidertipp! Wir beschließen auch noch einen Sake zu probieren, da wir beide noch nie Sake getrunken hatten. Der Besitzer der Kneipe fragt: „Flasche oder Tasse?“ Wir schauen uns an und sagen übereinstimmend: „Tasse.“ Eigentlich dachte ich dabei eher an ein Schnapsglas, doch was kommt ist eine kleine Kiste aus Bambusholz mit ca. 200 ml Sake. Wir sind froh, erst einmal nur einen bestellt zu haben. Gespannt schauen die anderen Gäste auf unsere Gesichter. Sie lachen, als sie unsere verzogenen Mienen sehen, nachdem wir den Sake gekoste haben. Zwar recht mild beim ersten Schluck, doch fährt einem der Alkohol schon recht bald in die Glieder.

Die Gäste neben uns bekommen ein Getränk in einer kleinen Flasche, in der eine kleine Glaskugel ist. Ich aktiviere meinen Übersetzer auf meinem Handy und frage in astreinem Japanisch: „Was ist das?“ Allgemeines Gelächter. „Eine Glaskugel im Glas.“ Ich frage weiter auf japanisch: „Warum?“ Wieder wird gelacht. „Zum Recycling.“ Ah. „Aber warum?“, die erneute Antwort „Recyling“. Ich lache auch. Kapiert, warum die Glaskugel in der Flasche ist, habe ich nicht.

Japan_Kyoto_Corinna trinkt SakeIm Laufe des Abends werden alle etwas offener. Jeder kratzt ein paar englische Wörter zusammen und wir unterhalten uns alle gemeinsam auf Japanoenglisch. Wir fragen, zu welchem Anlass man Sake trinkt: „Wenn man zusammen mit anderen ist,“ sagen alle einhellig. „Aber ich mag ihn auch so,“ meint einer. „Ich auch,“ ein anderer. Und wieder lachen wir alle gemeinsam. Und Michi und ich trinken den letzten Schluck Sake aus der eckigen Holztasse.

Arztbesuche in Kyoto

Michis Erkältung wird nicht besser und so fragen wir unseren Gastgeber, ob er uns dabei behilflich sein kann, einen englischsprechenden Arzt zu finden. Er ist sehr besorgt und fährt uns in seinem schneeweißen BMW zu einer Klinik in der Nachbarschaft. Glücklicherweise spricht der Arzt gutes Englisch und untersucht Michi gründlich. In dem kleinen Arztzimmer hängt eine Urkunde – fein säuberlich eingerahmt. Auf ihr steht auf Englisch: Dr. XY – einer der besten Ärzte Japans 2014/2015. Die Medikamente bekommen wir nach einer kurzen Wartezeit direkt mitgegeben.

Ein paar Tage später müssen wir die Dienste „einer der besten Ärzte Japans“ leider noch einmal in Anspruch nehmen: Diesmal bin ich krank. Ich habe mich wohl bei Michi angesteckt und eine Halsentzündung und Bronchitis. Auch ich bekomme einen bunten Medikamentenmix mitgegeben. Leider müssen wir aufgrund der Krankheit zwei Ausflüge ausfallen lassen. Das shintoistische Nationalheiligtum bei Ise-Shima (hier findet dieser Tage auch der G7-Gipfel statt) und die Bergtempelanlagen Koya-san, auf die ich mich besonders gefreut hatte. Denn hier wollten wir in einer Tempelherberge übernachten. Glücklicherweise können wir in unserer Unterkunft noch eine Nacht länger bleiben und uns etwas erholen.

Slideshow zu Kyoto

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