Blick auf La Paz, Bolivien

Auf einem Streifzug durch Boliviens Regierungssitz La Paz entdecke ich Lamaföten und vegetarische Restaurants. Daneben lerne ich einiges über Boliviens älteste Kultur und die Geschichte der Coca-Blätter.

Kartoffelsäcke in La Paz, Bolivien

Der höchstgelegene Regierungssitz der Erde – das ist La Paz. Eine Stadt, wie ein riesiger Markt. An kleinen Ständen, die sich überall auf den Gehsteigen des Ortes befinden, gibt es einfach alles zu kaufen. Von Kartoffeln, über Brot und frischen Fisch bis hin zu Töpfen voller Malerfarbe und Keilriemen.

Ansonsten hat La Paz eigentlich nicht besonders viel zu bieten. Die Calle Jaén ist ein nettes Gässchen mit einigen alten Gebäuden und Kopfsteinpflaster. Der Plaza de Armas liegt vor den Regierungsgebäuden, vor denen gerade eine Gruppe Indios interviewt wird.

Über ihren Köpfen weht die alte sowie die neue bolivianische Flagge. Sie besteht aus unzähligen kleinen, farbigen Quadraten und soll die Vielfalt des Landes symbolisieren. Mit Evo Morales kam 2006 der erste idigene Präsident des Landes auf die Schaubühne. Er gesteht den Indios viel mehr Rechte zu, als dies vorher der Fall war, lässt viele Schulen und Straßen bauen. Bolivien ist im Übrigen das am meisten indigen geprägte Land Südamerikas mit 55 Prozent Indios. Es hat 33 offizielle Landessprachen und wurde 1825 nach der Unabhängigkeit von Spanien nach seinem ersten Präsidenten Simon Bolivar benannt. Irgendwo habe ich gelesen, dass Bolivien in einem Zeitraum von 90 Jahren 80 Präsidenten hatte. Hoffentlich bleibt der aktuelle nun ein wenig länger und nutzt die reichhaltigen Ressourcen dieses Andenlandes zum ersten Mal zugunsten seiner Einwohner.

Graffiti eines Schuhputzers in La Paz, Bolivien

Des Weiteren herrscht hier weitestgehend Chaos. Überall hupt es, die Autos fahren kreuz und quer und über die Straße zu kommen, ist schon ein kleines Unterfangen. Auf den Gehsteigen sitzten die überall in der Stadt zu findenden Schuhputzer mit ihren Wollmützen, die sie im Bankräuberstyle über ihr Gesicht gezogen haben.

Nach Bolivien bin ich mit einer Reisebegleitung gefahren. Olesya aus Moskau habe ich in einem Hostel in Peru kennengelernt. Unser Hotel in La Paz, das auf den ersten Blick einen guten Eindruck machte, stellt sich leider als Niete heraus. Wir liegen die ganze Nacht wach, da partywütige und türschlagende Israelies eine Kifferparty veranstalten. Zudem hat Olesya das Pech, von Bettwanzen gebissen zu werden.

Mit unserer zweiten Unterkunft haben wir allerdings wirkliches Glück. Ebenfalls zentral gelegen, ist dies eine Oase der Ruhe. Die brauche ich auch, denn ich habe eine Erkältung eingefangen und liege eineinhalb Tage flach.

Da wir auf dem sagenumwobenen „Hexenmarkt“ von La Paz kein Heilmittelchen finden können, sondern nur ein paar Lamaföten von den Ständen baumeln sehen, gehen wir vegetarisch essen. Denn in La Paz gibt es wirklich ein paar erstklassige rein vegetarische Restaurants. Welch Luxus!

Boliviens älteste Kultur – Tiwanaku

Tiwanaku in BolivienVon La Paz aus, kann man eine Tour ins andine Hochland machen. Dort befinden sich die Ruinen einer der ältesten Kulturen des heutigen Boliviens, bekannt als Tiwanaku.

Gleich am Eingang sehen wir zwei große Steine mit Löchern darin. Diese fungierten als Lautsprecheranlage.

Ungefähr 1580 vor unserer Zeitrechnung erstellt und bis 1200 danach bewohnt und als rituelle Stätte betrachtet, wurde Tiwanaku zu einem gewissen Zeitpunkt verlassen. Obwohl nicht weit vom Titikakasee entfernt, zwangen wohl jahrelange Dürreperioden die Bewohner zum Gehen.

Skulptur in Tiwanaku, BolivienEinige Jahrhunderte später besiedelten die Inka die verlassene Stätte neu. Später wurde sie von den Kolonialisatoren fast vollständig zerstört. Heute kann man die Unesco-geschützten Ruinen in restaurierter Form bestaunen. Besonders interessant ist, das Sonnentor, das wohl als Kalender diente und der „gesunkene“ Tempel, in dem eine große Statue gefunden wurde. Interessant ist, dass der Innenraum mit sehr individuell angefertigten Köpfen aus Adobe verziert ist. Auch ein in Stein gehauenes Modell eines Tempels wurde gefunden, sozusagen die „Werkstatt eines Architekten“.

Auf einer Erhöhung machen wir einen Versuch mit meinem Kompass. Zeigt er normalerweise verlässlich in Richtung Norden, kommt er an dieser speziellen, rituellen Stelle innerhalb der Anlage direkt hinter einem der großen Steine vollkommen aus der Bahn und dreht sich wie wild im Kreis.

In der gesamten Anlage gibt es ein ausgeklügeltes Bewässerungssystem, das bis zum rund 15 Kilometer entfernten Titikakasee reicht.

Und nun stelle man sich vor, dies alles wurde bereits vor 3500 Jahren angelegt …

Die Geschichte der Coca-Blätter

Anbau von Coca-Blättern in Bolivien

Ich bleibe einen Tag länger in La Paz als Olesya, die wieder zurück nach Peru reisen musste. Diesen nutze ich, um ins Coca-Museum zu gehen.

Ich lerne eine Menge über die Blätter, die die Einheimischen in Bolivien und auch in Peru kauen, um die Auswirkungen der Höhenkrankheit zu verringern. Den Coca-Blättern wird auch appetitzügelnde und kräftespendende Wirkung nachgesagt.

So war es zu einem Zeitpunkt der Geschichte üblich – nachdem erst durch die katholische Kirche als Teufelszeug verbannt – den Sklaven in den vielen Minen Coca-Blätter zuzugestehen. Dadurch aßen sie weniger und arbeiteten härter.

Außerdem lerne ich, dass die deutsche Firma Merck die erste weltweit war, die aus Coca-Blättern und unter Zugabe anderer Mitel zum ersten Mal reines Kokain hergestellt hat. Es gibt sogar Werbetäfelchen aus den 1920er-Jahren, in denen laszive Damen animieren Kokain zu sich zu nehmen. Außerdem gab es in Frankreich einen Wein, der mithilfe von Coca-Blättern „verfeinert“ wurde. Die Firma Coca-Cola machte daraus ihr weltweit bekanntes Getränk. Heute soll die Mixtur angeblich weder Kokain noch Coca-Blätter enthalten.

Impressionen aus La Paz und Tiwanaku

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