Mit dem Wüstenschiff durch die Mini-Gobi

Dschingis Khan-City.

Ein paar Tage nach unserem Aufenthalt am Baikalsee ging es weiter nach Ulaanbaatar in der Mongolei. Mir drängt sich hier ein schönes Liedchen auf:

Sie ritten um die Wette mit dem Steppenwind, tausend Mann (Haa, Huu, Haa)
Und einer ritt voran, dem folgten alle blind, Dschingis Khan (Haa, Huu, Haa)
Die Hufe ihrer Pferde durchpeitschten den Sand
Sie trugen Angst und Schrecken in jedes Land
Und weder Blitz noch Donner hielt sie auf (Huu, Haa)

Dsching, Dsching, Dschingis Khan
He Reiter – Ho Leute – He Reiter – Immer weiter!
Dsching, Dsching, Dschingis Khan
Auf Brüder! – Sauft Brüder! – Rauft Brüder! – Immer wieder!
Lasst noch Wodka holen (Ho, Ho, Ho, Ho, Ho)
Denn wir sind Mongolen (Ha, Ha, Ha, Ha, Ha)
Und der Teufel kriegt uns früh genug!

Ich entschulige mich bei jedem, der jetzt für den Rest des Tages einen Ohrwurm hat 🙂

Unser Hostel war in der Innenstadt und nennt sich UB Guesthouse. Dort blieben wir vom 01.11. bis zum 06.11.2011 und machten ein paar wunderschöne Ausflüge.


Die Fahrt von Irkutsk bis nach Ulanbator dauerte zwei Nächte. Mit uns im Zug war eine Amerikanerin, die auch mit der Transsib unterwegs war. Sie war alleine unterwegs und erzählte uns eine richtig aufregende Geschichte: Auf dem Weg von Moskau nach Irkutsk legte der Zug einen Stopp an einem Bahnhof ein. Da die Toiletten während der Aufenthalte am Bahnhof abgeschlossen waren, stieg sie aus und fragte jemanden am Bahnsteig, den sie für den Schaffner hielt, ob sie kurz im Bahnhof auf die Toilette gehen könne. Der Herr sagte „Da. Da. Da“ und so ging sie in den Bahnhof. Nach ein paar Minuten kehrte sie wieder zum Gleis zurück, doch der Zug war nicht mehr da.

Mithilfe von einigen Leuten, die am Bahnsteig standen, schaffte sie es, sich ein Taxi zu organisieren, das sie zur nächsten Zughaltestelle fahren konnte. Denn sie hatte ihr gesamtes Hab und Gut im Zug gelassen. Doch Russland ist groß und so dauerte es vier Stunden, bis sie mit dem Taxi die nächste Haltestelle erreichte. Der Zug hielt dort für genau zwei Minuten an und sie schaffte es gerade noch einzusteigen, nachdem sie dem Taxifahrer für die Fahrt 400 US Dollar geben musste.

An der Grenze zur Mongolei stieg ein Däne in unser Abteil. Er wollte eigentlich bereits zwei Tage vorher die Grenze überqueren. Sein Visum war allerdings seit drei oder vier Tagen abgelaufen. Ein paar Tage gibt es wohl Kulanz, aber er war auch über der Kulanzzeit. Also hat man ihn kurzerhand aus dem Zug geschmissen.

So stand er dann an der letzten russischen Zughaltestelle am Bahnsteig. Da diese Dinge aber häufiger passieren, haben sich ein paar Pensionäre etwas einfallen lassen: Sie nehmen die Gestrandeten bei sich auf, helfen, ein neues Visum zu gekommen und geben seelische und moralische Unterstützung. Selbstverständlich ist dies nicht umsonst. Aber der Däne war sehr froh, dass ihm sein Gastgeber so geholfen hat. Und da man in Russland immer schnell weiter zu kommen scheint, wenn „jemand jemanden kennt“ oder man ein paar Scheinchen rüberwachsen lässt, konnte er schon nach zwei Tagen weiterfahren und saß mit uns im Zug nach Ulanbator.

Glücklicherweise ohne solche Zwischenfälle kamen wir nach zwei Nächten Fahrt früh am Morgen des 1. November in Ulanbator an. Es hatte minus 9 Grad. Im Hostel legten wir erst einmal einen Wäschetag ein und schauten uns mit ein paar anderen eine Tempelanlage an und bestiegen einen Berg, auf dem ein Monument der mongolisch-russischen Freundschaft thronte.

Am Abend wollten ein paar Leute aus unserem Hostel Alkohol kaufen und wir erfuhren, dass in Ulanbator an jedem 1. des Monats per Gesetz kein Alkohol verkauft werden darf. Hintergrund ist wohl die Geschichte, dass eine lokale, große Wodkabrennerei ihren Alkohol streckte und dadurch mehrere Leute starben, inklusive der Frau des Firmenbesitzers, die den Wodka herstellten.

Am nächsten Tag machten wir einen Ausflug in den Nationalpark Terelj. Wir mieteten uns zu dritt ein Auto mit Fahrer und kamen nach ca. eineinhalb Stunden Fahrt im Nationalpark an. Die Landschaft sieht genauso aus, wie man sich die Mongolei vorstellt. Ab und zu rennen Herden von Pferden, Kühen oder Ziegen über die Straßen oder weiden direkt am Straßenrand.

 

Vor einigen Jahren wurde dem Helden der Mongolei, Dschingis Khan, ein Denkmal gesetzt, das wirklich riesig ist. Von etwas weiter weg erscheint es sogar fast höher als die Berge darum herum. Dschingis Khan sitzt auf seinem Pferd und in dessen Mähne kann man mit dem Aufzug hinauffahren und die Landschaft bewundern. Wir machten allerdings nur einen kurzen Halt, während unser Fahrer das Auto reparierte.

 

Die Mongolen fahren nämlich noch viel irrer als die Russen. Es ist wirklich schrecklich und fast unvorstellbar. Es gibt in Ulanbator keine richtigen Spuren, also fährt jeder querfeldein, ohne zu blinken und inmitten diesem Chaos versuchen Fußgänger, die Straße zu überqueren. Grüne Ampeln für Fußgänger und Zebrastreifen werden konsequent ignoriert. Natürlich passieren so auch viele Unfälle. Und unser Auto war vorne seitlich ziemlich demoliert. Dies hatte irgendwie zur Folge, dass die Heizung nicht ging und es teils recht verschmort roch.

Nach erfolgreicher Reparatur war unser nächster Halt der Schildkrötenfelsen. Dieser sieht wirklich genauso aus wie eine übergroße Schildkröte. Schlussendlich kamen wir an einer Jurte mitten im Nationalpark an und bestiegen einen kleinen Berg. Die Aussicht war wunderschön. Und es war so still … Keine Autos, keine Flugzeuge, keine Menschen.

Michi und ich gingen dann noch in eine Tempelanlage. Wir kletterten durch einen Zaun und waren ganz alleine dort. Über eine etwas wackelige Hängebrücke gelangten wir dann oben ans Meditationszentrum und genossen den Sonnenuntergang, ganz alleine.

 

Am nächsten Tag ging es früh los: Wir hatten eine 2-Nächte-3-Tages-Tour nach Kharakorum und in die Mini-Gobi gebucht. Leider war unser Aufenthalt in Ulanbator zu kurz für eine Tour in die richtige Gobi, da der Trip 8 Tage dauerte.

Wir hatten einen Fahrer und waren die einzigen Tourteilnehmer. Sieben Stunden fuhren wir durch die Mongolei, sahen Steppenlandschaften, sanfte Hügel und Sandberge. Dazu dudelte mongolische Musik.

Alle eineinhalb Stunden hielt unser Fahrer an und schiffte in die Steppe oder – auf Mongolisch: „Schaute nach den Pferden“. Einmal sahen wir einen Reisebus und mangels Gebüsch saßen und standen fast alle Insassen am Straßenrand.

Bei unserem ersten Mittagessen probierten wir den typisch mongolischen Milchtee. Er ist halb mit Wasser und halb mit Milch aufgebrüht und mit Salz verfeinert. Wir fragten unseren Fahrer, ob in dem Tee Salz ist. Er verstand es allerdings nicht so richtig und orderte eine Schüssel Salz für uns. Aus Höflichkeit versuchten wir ein paar Schlucke herunterzuwürgen. Ich schaffte nur zwei, Michi trank die halbe Tasse und hatte es danach im Magen.

 

Obwohl die Mongolen sich fast ausschließlich von Fleisch ernährten, war es kein Problem für mich zu essen. Ich hatte einen Zettel, auf dem auf Mongolisch stand: „Kein Fleisch“ und bekam immer wirklich leckeres Essen: Gebratener Reis mit Ei, Gebratene Nudeln, Kartoffeln mit Reis und Tofu. Michi hingegen machte Erfahrung mit der typisch mongolischen Speise neben Fleisch: Fett. Seine Mahlzeiten bestanden aus Fleisch mit 80% Fett. Am letzten Tag schwenkte er dann allerdings auch auf vegetarisch um 🙂

Angekommen in Kharakorum bezogen wir unsere Jurte und unsere Gastgeber heizten erst einmal richtig ein. Der kleine Ofen in der Mitte des runden Zeltes verteilte die Wärme schnell und uns wurde warm.

Am Abendessen gab es kleine, gefüllte Teigtaschen, die sehr lecker schmeckten. Unsere Gastgeberin bot uns an, einen Bekannten zu bestellen, der für uns ein kleines Konzert geben könnte mit dem typisch mongolischen Kehlkopfgesang. Da wir aber keine Lust hatten, das einzige Publikum zu sein, haben wir abgelehnt und gingen mangels Alternativen um halb acht Uhr abends ins Bett.

Davor heizten wir den Ofen noch einmal richtig auf und ich erschrak ein bisschen als unsere Gastgeberin eine Plastiktüte voller Kohlen in den Ofen schmiss und sagte: „Öffnet auf keinen Fall den Ofen“. Fast war es uns jetzt schon zu warm und so hörten wir noch ein bisschen Musik auf meinem iPod und schliefen irgendwann ein.

Gegen zwei Uhr nachts wurde es erbärmlich kalt. Michi stand auf und schmiss den Ofen nochmals an, so dass wir es den Rest der Nacht ganz angenehm hatten. Wir mussten uns allerdings vollkommen einpacken: Ich schlief in meinem eigenen Schlafsack, dem dicken Schlafsack unseres Hostels und mit mehreren Decken über mir. Außerdem hatte ich eine Mütze auf, damit ich nicht so viel Wärme über den Kopf verlor. So ließ es sich eigentlich ganz gut aushalten. Michi hatte nur einen Schlafsack und keine Mütze auf, was er schon ordentlich bereute.

Nach dem Frühstück ging es dann in die antike Tempelanlage. Dort soll Dschingis Khan die erste Hauptstadt der Mongolei gegründet haben – Kharakorum.

Wieder fuhren wir zwei Stunden durch die Wildnis und kamen irgendwann in der Mini-Gobi an. Die Mini-Gobi ist eine etwas kleinere Ausgabe der Gobi und hat ein paar kleinere und größere Sanddünen. Ein altes, hutzliges Mongolchen begrüßte uns und preschte gleich auf seinem Pferdchen davon, um zwei Kamele einzufangen.

Als er mit den beiden Kamelen zurück zum Jurtencamp kam, sattelte er sie und Michi und ich stiegen auf. Mit den beiden Wüstenschiffen und dem Mongolen ritten wir nun durch die Wüste. Die Kamele schritten durch den Sand und über einen kleinen zugefrorenen Fluss.

Michis Kamel war etwas größer als meines und ich glaube, er hatte etwas Respekt davor, denn er streichelte es die ganze Zeit am Hals, um es Mild zu stimmen. Mein Kamel hatte einen Zwist mit dem Pferdchen des Mongolen auszufechten; jedenfalls versuchte das Pferd ständig mein Kamel zu beißen, worauf meines einen Hüpfer tat. Das war mir wiederum etwas ungeheuer. Am Ende der Tour galoppierten wir ins Jurtencamp ein und uns tat der Hintern weh.

Die zweite Nacht in der Jurte war wirklich eisig kalt. Und wir hatten nur eine Kerze, um ein wenig Licht zu machen. So gingen wir direkt nach Sonnenuntergang ins Bett, heizten den Jurtenofen nochmals ordentlich mit Kameldung und legten alle Decken über uns, die wir finden konnten. Diesmal zog Michi auch seine Mütze an.

 

Am nächsten Morgen, als wir wieder ins Auto stiegen, um zurück nach Ulanbator zu fahren, glitzerte der Sand. Überall funkelten die kleinen Kristalle des Morgenreifs. Das war ein wirklich schönes Bild, das uns sicherlich noch lange in Erinnerung bleiben wird.

Wir denken, in die Mongolei werden wir sicherlich noch einmal für einen längeren Aufenthalt zurückkehren.

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