Von Matsumoto fahren wir zwei Stunden mit dem Bus durch die Berge in Richtung Takayama. Wieder geht es kurvenreich hinauf und wieder etwas hinunter durch hell- und dunkelgrünen Wald. Schon weit bevor wir in die Stadt mit rund 90.000 Einwohnern fahren, sehen wir, dass es hier anders ist als in Matsumoto. Es gibt noch mehr Reisfelder hier und andere Landwirtschaft. Fast jedes Haus hat einen Garten.
Angekommen in Takayama gibt es zwar keine Gärten mehr vor den Häusern, doch es gibt nur noch wenige Hochhäuser. Dafür umso mehr westliche Touristen. Denn Takayama ist für seine schönen Straßenzüge und gut erhaltenen historischen Gebäude bekannt und wird nicht umsonst auch das Klein-Kyoto der Berge genannt. Gelegen ist Takayama mitten in den japanischen Alpen auf 562 Metern Höhe. Durch diese Abgeschiedenheit entwickelte Takayama seine eigene Kultur. Besonders bekannt wurden die Einwohner durch ihre Zimmermannskünste, Töpferwaren und Lackarbeiten.
Historische Straßenzüge Takayamas
Das ganze Stadtbild ist anders als es in Matsumoto war. Es gibt viele kleine Handwerksläden und Geschäfte, die die unterschiedlichsten Waren verkaufen. Von eingeschweißtem Fisch, über Reiscracker bis hin zu den Sarubobos. Diese kleinen Püppchen ohne Gesichtszüge haben hier in der Gegend Tradition. Sie wurden ursprünglich innerhalb der Familie gefertigt und weitergegeben. Großmütter machten sie für ihre Enkel als Puppen und Mütter gaben sie ihren Töchtern als Talisman für eine gute Ehe und Kinder. Heute gibt es sie auch zu kaufen, unter anderem als Schlüsselanhänger.
Restaurants suchen und finden
Geht man in Takayama durch die Einkaufsstraßen, ist stets der angenehme Klang leichter, klassischer Musik zu hören, der bis spät in den Abend aus den Lautsprechern klingt. Und das obwohl gegen 17 Uhr fast alle Läden und auch Restaurants schließen. War tagsüber noch großer Trubel, sind die Gassen nach 17 Uhr wie leergefegt. Nur noch Touristen sind auf der Straße und suchen fast verzweifelt nach einer Möglichkeit zum Abendessen. Auch wir sind dabei.
Ich hatte zwar Restaurants mit vegetarischer Option herausgesucht, davon waren allerdings zwei geschlossen und eines konnten wir nicht finden. Da alles auf japanisch geschrieben ist, ist oft auch nicht zu erkennen, ob etwas ein Restaurant ist oder ein Privathaus. Vor manchen Häusern hängen Fahnen mit japanischen Schriftzeichen. Michi stellt die These auf, dass dies bedeutet, man könne eintreten. Also probieren wir es. Wir öffnen die dunkle Schiebetür und stehen in einem großen Raum. Alle Augen sind auf uns gerichtet. Doch wir haben Glück: Es ist ein chinesisches Restaurant, in dem ausschließlich Japaner speisen. Außerdem gibt es vegetarische Optionen.
Traditionelle Viertel
Einige Straßenzüge in Takayama sind von besonderem historischem Wert. Denn hier befinden sich die traditionellen japanischen Kaufmannshäuser und Sakebrauereien. Sie sind dunkel gehalten und mit dünnen hölzernen, senkrecht angebrachten Sprossen versehen. Viele der Häuser stammen aus der Edo-Periode (1600-188). Hinter den Fensterscheiben befinden sich mit Papier verkleidete Schiebetüren, mit rechteckigen Holzsprossen. Vor dem Eingang mancher Häuser hängt ein großer Ball aus Zweigen, der Sugidama. Die Zweige sind aus Zedernholz. Die Kugel ist Zeichen für eine Sakebrauerei.
Von außen wirken die Häuser nicht groß. Ihre wahre Größe entfalten sie erst, wenn man sie betritt. Das Yoshijima-Haus etwa wurde 1907 erbaut und gehörte der Familie eines Sakebrauers. Es besitzt eine schier unüberschaubare Anzahl an Zimmern. Im Erdgeschoss, das zum großen Teil mit Tatami, Strohmatten, ausgelegt ist, hielt sich die Familie auf. Der erste Stock war Gästen vorbehalten. Zwei große Gärten hat das Haus, unsichtbar von der Straße.
Takayamas alte Tempelanlagen
Etwas oberhalb der Stadt steht die Higashiyama-Tempeanlage. Sie wurde von einer Adelsfamilie erbaut, die einst die Region befriedete. Diese ließ zahlreiche Tempel erbauen und stiftete Tempel und Schreine.
Am anderen Ende der Innenstadt steht der Hida Kokubunji-Tempel. Darin befindet sich eine dreistöckige Pagode aus dem Jahr 1615. Der ca. 28 Meter hoher Gingko-Baum soll 1200 Jahre alt sein.
Was uns hier auffällt, so wie auch bereits in Matsumoto: Alles ist extrem sauber. Nirgendwo sieht man Müll oder Schmutz liegen, wirklich nirgendwo. Auf der Stadtkarte ist auch ein Hinweis angebracht, dass das Wegwerfen von Müll sowie das Rauchen in gekennzeichneten Gegenden strafbar ist. Eines ist allerdings kurios: Es gibt so gut wie keine Mülleimer.
Am nächsten Morgen wollen wir früh aufstehen, um in das Freilichtmuseum zu gehen, doch es regnet stark und so gehen wir frühstücken. Als der Regen aufhört, besuchen wir die beiden Morgenmärkte, die täglich um 6 Uhr früh beginnen und Obst und Gemüse aus der Region verkaufen. Auch Erdbeeren sind zu sehen. Obwohl wir die Kirschblühe verpasst haben, sehen wir an einem Kirschbaum am Fluss noch die letzte Blüte hängen. Man kann sich nur vorstellen, wie zauberhaft Takayama zur Kirschblütenzeit aussehen muss.
Die Zeit in Takayama geht viel zu schnell vorbei, längst haben wir nicht alles gesehen, was es hier und in der umliegenden Gegend zu sehen gibt. Aber einen schönen Eindruck haben wir gewonnen und Vorfreude auf Kyoto, die uns diese Miniaturvariante in den Bergen gemacht hat.